Was ist denn da auf deinem Rücken, mein Kind? Oma brachte kein Wort heraus, als sie den blauen Fleck sah. Doch was ihre Enkelin ihr ins Ohr flüsterte, war völlig unverständlich…

– Was ist denn da auf deinem Rücken, mein kleiner Sonnenschein?

Oma brachte kein Wort heraus, als sie den blauen Fleck sah. Doch was ihre Enkelin ihr ins Ohr flüsterte, war einfach unverständlich …

Mama Valentina kochte wie immer in der Küche. Der süße Duft von Himbeermarmelade wehte durch die Vorhänge, im Radio lief ein sanftes Chanson. Plötzlich klingelte es schrill an der Tür.

„Wer kann das denn um diese Zeit sein?“, murrte sie und wischte sich die Hände an ihrer Schürze ab.

Als sie die Tür öffnete, stand Kasia, ihre zehnjährige Enkelin, da, rot im Gesicht und etwas außer Atem. In ihren Armen hielt sie ihren allgegenwärtigen Stoffhasen.

„Oma!“, rief sie und sprang ihr auf den Hals.

„Mein kleiner Sonnenschein!“, lachte Valentina, doch Müdigkeit lag in ihren Augen. „Wo ist deine Mama?“

„Mama lässt sich die Nägel machen. Sie hat gesagt, ich darf vorbeikommen.“ Das kleine Mädchen zuckte schüchtern mit den Achseln. „Darf ich bis zum Abend bleiben?“

Oma nickte.

„Natürlich, mein Schatz. Ich mache dir Tee.“

Der Nachmittag verging friedlich. Kasia erzählte von der Schule, von der Lehrerin und wie einer der Jungen ihr immer an den Haaren zog. Valentina hörte zu, rückte ab und zu ihre Brille zurecht und lächelte.

„Du bist ja schon eine richtige kleine Dame!“, sagte sie und stellte den Himbeerkuchen vor sie hin.

Das Kind lachte, hustete dann aber plötzlich und zog ihren Pullover aus. Oma bemerkte, dass sie darunter nur ein dünnes T-Shirt trug und ihre blasse Haut unter dem Schlüsselbein hervorblitzte. Doch dann erstarrte sie.

Auf ihrem Rücken, unter dem linken Schulterblatt, prangte ein großer, dunkelvioletter Fleck.

„Mein Gott, Kasia … was ist denn das?“, flüsterte sie fast. Das kleine Mädchen wandte den Kopf ab.

– Nichts … ich bin nur hingefallen.

Valentina kniete sich langsam hin und berührte sanft den Wundrand. Die Haut war heiß.

– Es war kein Sturz. Erzähl mir, mein Schatz. Was ist passiert?

Kasias Lippen zitterten.

– Ich habe den Löffel fallen lassen … beim Frühstück. Mama hatte es eilig und war nervös. Sie hat gesagt, ich soll nicht so ungeschickt sein. Es war nur … nur ein kleiner Stoß, Oma. Es hat nicht wehgetan. Wirklich nicht“, fügte sie schnell hinzu, als wollte sie ihre Mutter beschützen.

Valentina war wie erstarrt. Ihr Herz hämmerte, als würde es jeden Moment zerspringen.

– Und sonst … warst du auch schon mal so?, fragte sie leise. Das Kind nickte kaum merklich.

Oma senkte den Kopf und atmete tief durch. Draußen vor dem Fenster ging die Sonne langsam unter, ihr Licht schmolz an der Wand.

„Weißt du, mein Schatz“, sagte sie schließlich und umarmte das kleine Mädchen, „niemand hat das Recht, dir wehzutun.“ „Nicht einmal die, die du liebst.“

Kasia schniefte, eine Träne rann ihrer Großmutter über die Schulter.

„Aber wenn ich es ihr sage, wird Mama wütend sein.“

„Ich werde mit ihr reden“, flüsterte Valentina, und nun war da keine Unsicherheit mehr in ihr. Nur noch ein stiller, fester Entschluss.

Der Marmeladengeruch draußen verflog langsam, und im Haus herrschte tiefe, bedrückende Stille. Oma wusste, dass dieser Tag alles verändert hatte – und dass sie nicht länger schweigen konnte.

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